Edgar Wright [Shaun Of The Dead]

Videospiele, Musik, Bier und was zum Knabbern.
Das in England hoch gelobte Komiker Duo Simon Pegg und Nick Frost durchleben in ihrem ersten Kinofilm die Monotonie zwei britischer Vorstädter. Mit Zombies.


"sind zombies da draußen? - sag das nicht. - warum nicht? - weil das lächerlich klingt!"
(ed und shaun)

Das Horrorgenre ist eine ambivalente Facette der in Filmen behandelten Thematiken, welche dazu führt, dass Zuschauer einerseits wenig Verständnis für die selten tiefgängigen, dafür jedoch blutüberströmten Gräueltaten aufbringen können, während Fans die Zeitlupentaste an der Fernbedienung malträtieren, um sich die aufwendigsten Szenen wieder und wieder im Detail zu betrachten. Von den frühen Siebzigern bis in die Mitte der Achtziger Jahre etablierte sich der Horrorfilm mit all seinen Subgenres in den Kinos, meist getragen von morbiden Massenmördern wie Freddy Krüger, Jason Voorhees oder Michael Myers, oder der allgemeinen Hysterie durch apokalyptische Szenarien mit auferstandenen Untoten.

"Shaun Of The Dead", bereits der Titel eine Hommage an den New Yorker Horrorfilmer George Romero und seinem Klassiker "Dawn Of The Dead", greift die Zombiethematik auf, transportiert sie in die Londoner Gegenwart und verquickt sie mit einer romantischen Komödie. Der Plot als solcher, genrebedingt wenig tief greifend in seinem Zusammenhang, ist schnell erzählt: Shaun (brillant besetzt durch Co-Drehbuchautor Simon Pegg), ein Endzwanziger und frustrierter Angestellter einer Elektrofirma, lebt in einer WG mit seinem übergewichtigen, rüpelhaften, videospielenden Freund Ed (Nick Frost), und vertreibt sich die Zeit lieber in einem Pub, als mit seiner Freundin Liz (Kate Ashfield) auszugehen, was dazu führt, dass sie sich von ihm trennt. Parallel dazu steigen die Toten aus den Gräbern, und die Stadt füllt sich mit Zombies. Shaun gliedert seine Ziele in drei Punkte, die den restlichen Film über versucht werden in die Tat umzusetzen: seiner Mutter nachträglich zum Muttertag Blumen überreichen und nebenbei seinen verhassten, von einem Zombie gebissenen Stiefvater (hervorragend: Bill Nighy) töten, Liz zurück erobern und sein Leben als Konsequenz daraus in den Griff bekommen.

Die einfache Story wird ganz klar durch das Zusammenspiel von Shaun und Ed getragen, die dem Film seine besten Momente immer dann bescheren, wenn die Kamera die beiden fokussiert, und sie einfach spielen lässt. Das ungleiche Paar, ein wenig an Rob und den eigenbrötlerischen Barry aus Nick Hornbys "High Fidelity" erinnernd, begeistert durch das lakonische integrieren der Zombies als überdrüssige Alltags Farce in ihr Leben, und ihrem durch Videospiele, Musik und Fernsehen sozialisierten Gesellschaftszynismus. Die erfrischende Idee, die gesamte Thematik um das bekannte Schema mordender Untoter, in einen popkulturellen Zusammenhang zu bringen, zu beobachten, wie zwei Vorstadt Versager mit all ihrem, durch Horrorfilme gewonnenen Wissen über Zombies mit eben diesen umgehen, konnte von Regisseur Edgar Wright gut in Szene gesetzt werden, verliert jedoch immer dann, wenn die Beziehung zwischen Shaun und Liz in den Fordergrund treten soll, und ein herber Pathos ausgebreitet wird. Die slapstickartige und bisweilen sarkastisch bissige Komik des Films wird immer wieder durch eben diese flache, sich selbst zu ernst nehmende Gefühlsduselei ausgebremst.

Wie schon in Romeros "Dawn Of The Dead", wird auch in Wrights Film die, durch Arbeit und Konsum geprägte alltags Monotonie der Stadtbewohner kritisch beäugt, erscheinen doch bereits im Anfang des Filmes die Kassiererinnen, Fahrgäste oder Workaholics so leblos gleichgeschaltet wie Zombies. Auf die Spitze getrieben wird dieser Ansatz, wenn Shaun auf dem Weg zur Arbeit die Veränderung der Mitmenschen nicht realisiert. Es geht um Aufnahmebereitschaft und Filterung eines, durch mediale Reizüberflutung dekompensierten Geistes, der sich im Film darin äußert, dass Fernsehbildschirme zwar omnipräsent sind, und darin ständig die Mitteilungen über, aus den Gräbern aufsteigenden Untoten erscheinen, diese jedoch von den Protagonisten nicht wahrgenommen werden. Erst in einer wunderbar gefilmten Szene, in der Shaun vor dem Fernsehgerät durch die Kanäle zappt, und er die, durch das Umschalten zusammenhangslosen Aussagen der jeweils erscheinenden Sprecher auf dem Bildschirm für sich decodiert, nimmt er die vermeintliche Realität wahr.

In welchem Zusammenhang "Shaun Of The Dead" ohne Frage brilliert, ist seine Detailverliebtheit im Bezug auf die Klassiker des Horrorgenres. Wie ein berauschter Quentin Tarantino baut Wright Zitate und cineastische Anspielungen in seinen Film ein. Da springt Shaun einem Zombie von einem Trampolin aus entgegen, und man darf staunen, wie exakt die Szene aus Sam Raimis "Army Of Darkness" choreographiert und kameraperspektivisch synchronisiert wurde. Wenn Shaun seiner von der Zombieproblematik unerreichten Mutter mitzuteilen versucht, dass er sie zu Hause abholen wird, spricht Ed flegelhaft "Wir kommen dich holen, Barbara" ins Telefon, ein Satz, der ebenso schon in George Romeros "Night Of The Living Dead" fällt. Auch ein Nachrichtensprecher verliest seine Nachrichten im gleichen Wortlaut wie in besagtem Klassiker, und sogar der Hintergrund für das Auftauchen der Zombies, setzt auf den Horrorklassiker von 1968; eine abgestürzte Raumsonde ist, wenn auch wenig nachvollziehbar, in beiden Filmen Ursprung der apokalyptischen Ereignisse. Wright kopiert jedoch nicht nur Szenen, sondern diskutiert diese auch filmintern. Als Shaun und Ed sich darauf vorbereiten, den Zombies gegenüberzutreten, beharrt Shaun darauf, nicht das Wort Zombie für die Untoten zu benutzen, was darauf zurück zu führen ist, dass in vielen Zombieklassikern tatsächlich niemals der Begriff verwendet wird. Auch genrefremde Anspielungen werden in dem Low Budget Film aufgeführt, so erinnert das gegenseitige Bedrohen der Gruppe von Überlebenden um Shaun und Ed mit abgeschlagenen Bierflaschen, an den Mexican Stand Off aus Tarantinos "Reservoir Dogs", oder das rhythmisch choreographierte Einschlagen auf einen Zombie zu dem Queen Song Don’t Stop Me Now, an das brutale Erschlagen eines Obdachlosen in Kubriks "Clockwork Orange".

Dieser nerdige Umgang mit dem Genre schlägt natürlich keine Bresche für die Anfangs erwähnte erste Gruppe von Zuschauer, sondern führt vielmehr dazu, dass der Film eher erwähnte zweite Gruppe ansprechen wird, und diese mit einem lachenden Auge gut bedient. Dennoch funktioniert der Humor der Komödie auf verschiedenen Ebenen und ist dabei so subversiv wie bei den Simpsons; man benötigt das detaillierte Genrewissen nicht um die britischen Scherze zu verstehen, doch bieten sie dem erwähnten Fan ein buntes Panoptikum an zu entdeckenden Zitaten.
foto: universal


edgar wright
"shaun of the dead"
2004

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Matt Stone, Trey Parker [Team America]

Zwischen politischer Partizipation und Punk Attitüde bewegt sich das opulente Marionetten Theater der South Park Rebellen Matt Stone und Trey Parker, welches in ihrer Heimat mehr Aufmerksamkeit erregte, als hierzulande vorstellbar wäre.


"hey terrorist! terrorize this!"
(sarah)

Die heroisch gefeierte Interventionspolitik des "Team America", dieses bereits im Untertitel ausgesprochenen Selbstverständnis der Vereinigten Staaten als World Police, sorgt für globale Stabilität in einer durch Terrorismus gepeinigten Zeit. Von dem, mit den amerikanischen Präsidenten Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln gezierten Mount Rushmore als Hauptquartier im patriotischen Herzen des Landes aus, starten die sechs amerikanischen Helden zu ihren paramilitärischen Einsätzen und hinterlassen ein, durch die Action Filme Hollywoods als Kollateralschäden deklassiertes Bild von Zerstörung. Gleich in den ersten Minuten des Films zerstört man zweckdienlich zum Schutz der Allgemeinheit vor Massenvernichtungswaffen eine handvoll Sehenswürdigkeiten in Paris, und stärkt das Bild des kulturlosen, oberflächlichen Amerikaners. Nach dem Tod eines Mitgliedes dieser Eliteeinsatztruppe, wird kurzerhand der Broadway Schauspieler Gary Johnston als verdeckter Ermittler in das Team integriert und in den Nahen Osten entsandt, um ein terroristisches Netzwerk zu unterwandern.

Dieses bedeutungsschwangere Jerry-Bruckheimer-Action-Epos wäre in all seinem patriotischen Pathos kaum eine Besprechung wert, wäre es nicht ein mit Marionetten arrangiertes Theater der beiden South Park Produzenten Matt Stone und Trey Parker. Mit detailverliebten, der Thunderbirds TV Serie aus den 60ern nachempfunden Puppen von Personen des öffentlichen Lebens, persiflieren die beiden den Action Film als solchen und den Krieg gegen den Terror im Speziellen auf ihre gewohnt politisch unkorrekte Herangehensweise.

Die grenzenlose, undifferenzierte Übertreibung jenes Amerikas, bei welchem nicht zuletzt durch den kalifornischen Gouverneur die Wirklichkeit Hollywoods immer wieder eine allgemeine Realität zu konstruieren scheint, wird in "Team America" zum Ziel der satirischen Ressentiments. Sei es nun der blinde Obrigkeitsgehorsam, welcher sich durch das bedingungslose Vertrauen auf einen Super Computer mit dem bezeichnenden Namen I.N.T.E.L.L.I.G.E.N.C.E. herausprägt, oder die Tatsache, dass man einen Super Schauspieler zum einzig möglichen Retter der Welt heraufbeschwört, der kurz zuvor bei der redundanten Aufführung eines Broadway Musicals mit dem Song Everyone Has Aids die Zuschauer zu Tränen rühren konnte. Im gleichen Zug wird jedoch auch die scheinbare Weltverbesserungsattitüde der liberalen Schauspieler Gilde, allen voran Alec Baldwin und Susan Sarandon, völlig undifferenziert verurteilt und der Bush Kritiker Michael Moore als fetter, hedonistischer Aktionistenzombie karikiert. Man geht sogar soweit, den geneigten Zuschauer selbst, mit seinem post-9/11 geprägten Stereotyp der Fremdenangst zu konfrontieren und somit eine Überdenkung der eigenen selektiven Wahrnehmung zu provozieren.

Gerade der anarchistische Umgang mit der Brisanz der im Film diskutierten Themen zeichnet die beiden Macher aus. Der Antiamerikanismus, welcher zurzeit vor allem in Europa dem Verkauf von Büchern und Filmen förderlich ist, verfolgt bisweilen nichts anderes als eine bekannte linke Propaganda, bei welcher die vorgestellten Argumente durch subversive Kommentare pointiert werden, und damit dem Rezipienten ein subjektives Bild etwa in Form von Pseudo-Dokumentar Filmen nahe gelegt wird. Im Gegensatz zu Agitator Michael Moore, beziehen die beiden South Park Schöpfer jedoch keine klare Stellung, sondern - ganz im Sinne des Punk – teilen sie ohne Grenzen aus, und fordern damit jedoch den für Stereotype empfänglichen Zuschauer zum eigenen Reflektieren der Geschehnisse auf. Dass diese Form der Partizipation natürlich äußerst fraglich ist und im Film nicht stets gelingen will, steht diesem und seinem satirisch anarchistischem Grundtonus jedoch nicht im Wege. Der politische Ansatz der beiden geht gegen Null, versteht man sie recht. "Wir sprechen für diejenigen, die George W. Bush für einen Idioten halten – und Michael Moore auch. Team America ist eine politische Satire, aber es geht weniger um Politik als um die Gefühle, die Amerika seit dem 11. September 2001 durchlebt. Es geht darum, wie es ist, Amerikaner zu sein, wenn Ausländer dir entgegenschleudern: 'Fuck you für das, was dein Land macht!' Es ist kein Argument für oder gegen etwas, sondern über Emotionen", erklären sie im Rolling Stone Interview. Emotionen also. Stone und Parker wissen in dieser Beziehung zu polarisieren.

Das Aufeinandertreffen des dilettantischen Marionettenspiels, bei welchem ganz bewusst die, gern auch metaphorisch zu betrachtenden Fäden, mit welchem die Akteure durch unsichtbare Hand geführt werden, nicht verheimlicht werden, auf der einen, und das detailaufwändige nachbereiten origineller Schau-plätze aus der gesamten Welt, und der pyrotechnisch brillanten Zerstörung eben dieser im Stile eines Jerry Bruckheimer Filmes auf der anderen, verleiht dem Film einen bislang ungesehenen Charme. Wenn das Zusammenkommen zweier Kontrahenten etwa ein, in ästhetischer Perfektion heraufbeschworenes, physisch aufwendiges Duell im Stile der Matrix Reihe erwarten lässt, spielt man ganz gezielt mit der unbeholfenen Bewegungseinschränkung der Marionetten, und lässt diese einen zeternden Schlagabtausch mit dem choreographischen Geschick eines Hahnenkampfes durchführen. Diese trashige Offensichtlichkeit, dieses Bestreben von Parker und Stone, den Zuschauer immer wieder auf den höl-zernen Boden der Tatsachen zurückzuholen, anstatt den zum Scheitern verurteilten Versuch zu starten, mit Hilfe der Marionetten den Eindruck einer realen Welt zu erschaffen, darf Team America als eine seiner Stärken gutgeschrieben werden. Den satirischen Höhepunkt stellt hierbei ohne jeden Zweifel die Szene dar, welche in den USA dazu führen sollte, den Film als Rated R einzustufen, und ihn somit für Jugendliche unter 17 Jahren nur in Begleitung eines Erwachsenen zugänglich zu machen; zwei Marionetten praktizieren Hardcore Sex in unzähligen Stellungen des Kamasutra, wobei der ungehinderte Blick auf die geschlechtslose Entblößung der Figuren jegliche Zensur ad absurdum führen dürfte. Hinzu kommt das satirische Gespür der beiden für den richtigen Einsatz von Musik. Sei es nun die Hymne des Teams selbst, ein arroganter achtziger Jahre Rocksong mit dem Titel America, Fuck Yeah!, die bereits erwähnte Broadway Musical Einlage Everybody Has Aids oder besonders das tragisch aufbereitete Liebeslied, bei welchem anstandslos mit Metaphern zu dem Michael Bay / Jerry Bruckheimer Film Pearl Harbor gespielt wird. ("I need you as much as Ben Affleck needs acting school").

Neben den hervorragenden und originellen, weil stets überraschenden Einfällen, wie dem Einsatz von echten Hauskatzen, die als Kim Jong-Ils Killerpanther auf das Eliteteam losgelassen werden, oder dem James Bond entliehenen Untergang des UN Waffeninspektors Hans Blix, welcher von einer unmoralischen Musicaldarbietung des nordkoreanischen Diktators begleitet wird, überwiegt in "Team America" die durch South Park etablierte derbe Sprache und der Fekalhumor. Die beim ersten betrachten außergewöhnlichen Ideen werden, analog zur erwähnten TV Serie, stets aufs neue heraufbeschworen, man bedient sich ein ums andere Mal bei den gleichen Klischees und am Ende verfährt man sich bei dem ziellosen Bestreben keine Meinung vertreten zu wollen. Team America glänzt mit seinen originellen Umsetzungen der Thematik mittels dieses unschuldigen Genres, ist auf die gesamte Spielfilmlänge jedoch durchzogen von immer öfter zu erwartenden Wendungen und flachen Momenten des Films, bei denen leider nicht das Gespür einer Gruppe wie Monty Python für die banalen sowie extraordinären Absurditäten der Welt hinter steht. Vielleicht wäre Team America als TV Serie besser Aufgehoben gewesen, bei welcher man sich in dem engeren Zeitrahmen der Episoden gezielter auf die aufgeführten Stärken hätte besinnen können.
foto:
paramount


matt stone, trey parker
"team america"
2004

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