Hushpuppies

Endlich eine Band, deren Referenzen tatsächlich in die 60er zurückreichen. Obwohl in den 70ern geboren, sind die HushPuppies maßgeblich vom Sound von The Who und anderen Mod-Größen beeinflusst. Dennoch haben sie die Gegenwart nicht vollkommen aus den Augen verloren.


"i was born in the seventies."
(1975)


Seien wir doch einmal ehrlich: Bei der anhaltenden Rock’n’Roll Retro Welle, die noch immer nicht ihren Zenit überschritten zu haben scheint, weiß man meistens gar nicht so recht, was daran so wahnsinnig "retro" ist. Ohne die musikalische Integrität der meisten Acts in Frage stellen zu wollen, das groß auf der Stirn prangende Label wirkt in vielen Fällen reichlich fehl am Platz. Eine wirkliche Bezugnahme zu musikalischen Vorbildern insbesondere der Sixties lässt sich vermarktungstechnisch in der Regel höchstens über modische Versatzstücke - wahlweise James Dean-Look oder Anzüge für die gesamte Band - konstruieren, das oberflächliche Image ist ja leider schon lange kein zu vernachlässigender Faktor mehr.

Wie schön, dass es auch anders geht, bei den HushPuppies zum Beispiel. In Perpignan aufgewachsen wurden die Jungs von der dort sehr lebendigen Mod- und Garage-Kultur geprägt, was sie musikalisch zwangsläufig zu der Band formte, die sie jetzt sind. Das Plattencover ihres Debütalbums "The Trap", eine S/W-Fotografie der Band zur Tea Time in der Natur, spricht Bände. Doch auch der französische Zentralismus ging nicht spurlos an den fünf Jungs vorbei, irgendwann landeten sie alle in Paris. Ein Gespräch mit Olivier und Cyrille.

Cyrille: "Die eigentliche Bandgeschichte beginnt ja erst in Paris, die HushPuppies haben dort begonnen. In Perpignan spielten wir fast alle noch zusammen in einer Band namens The Likyds, aber wegen Studium und Jobs landeten alle von uns eher früher oder später in Paris. Wir transferierten die Band mehr oder weniger, es war so etwas wie ein sich zufällig ergebender Neubeginn."

Hat Paris einen großen Einfluss auf euch als Band?
C.: "Die Stadt beeinflusst uns nicht direkt, die Musik entsteht aus der Interaktion zwischen uns. Es ist das Ergebnis der Stimmungen innerhalb des Kollektivs. Man kann sagen, dass uns die Menschen beeinflussen die wir treffen, die Dinge die wir tun, so verändern wir uns und dementsprechend unser Output. Es ist weniger die Stadt, es ist mehr das Leben im Allgemeinen und was eben geschieht. Paris bildet da natürlich den Hintergrund."

Euren Bassisten habt ihr ja erst in Paris kennen gelernt, er ist der einzige, der nicht der Mod-Szene vonPerpignan entstammt. War es eine große Schwierigkeit ihn zu integrieren?
Olivier: "Eigentlich war es ziemlich einfach. Wir suchten zwei Jahre lang nach einem Bassisten, Guillaume war mein Mitbewohner und ein Freund der Band. Irgendwann kamen wir auf die Idee, dass er doch einsteigen könnte. Es hat sofort funktioniert, auch weil er Teil der Familie und nicht nur wegen der Musik dabei ist. Das unterstreicht den Charakter dieser Band, dass wir uns über mehr über die persönliche als über die musikalische Ebene definieren."

Seid ihr in Paris in größeren Zusammenhängen aktiv?
O.: "Da sind wir kaum integriert. Es gibt eine Menge junger Bands, 17-18jährige, die Rock’n’Roll-Szene ist entsprechend jung. Wir sind alle mehr als zehn Jahre älter, wir fühlen uns da nicht wirklich verbunden. Wir haben nicht die gleiche Wahrnehmung, wir sind durch eine andere Zeit geprägt. They play a different kind of rock. Wir spielen mit einer gewissen erwachsenen Attitüde, es ist nicht mehr so sehr mit Adoleszenz verbunden. Ich glaube wir sprechen damit auch mehr Menschen an, 17jährige und 37jährige."
C.: "Ich würde sagen, wir haben auch ein anderes Verständnis von Rock’n’Roll. Für uns geht es in erster Linie um Musik, darüber definiert sich dann auch der Rest des Lebens. In unserem Alter bedeutet in einer Band zu spielen ein anderes Leben zu führen. Die typische Lebensführung eines 35jährigen wird durch die Musik ausgestochen, man ist nicht wie jeder andere, man hat im Gegensatz zu den meisten keinen regelmäßigen Job. Das Arbeitsleben ist nicht so wichtig, sämtliche 'Freizeit' ist von der Musik bestimmt."

Da scheint der immer wieder angestellte Vergleich mit den Arctic Monkeys noch absurd zu sein, als ohnehin schon.
O.: "Der Punkt ist, wir machen ja ganz andere Musik. Vielleicht brauchen die Menschen Vergleiche, um Sicherheit im Umgang mit unbekannten Bands zu gewinnen. Sie hören sich die Musik nicht besonders gut an, stattdessen machen sie gleich eine Schublade auf. Die Monkeys haben ihren Hit und das war’s, in unserer Musik spiegelt sich eine viel größere Bandbreite wieder. Den einzigen wirklichen Vergleich in Bezug auf mehr oder weniger aktuellen Sound, den ich gelten lassen würde, sind die frühen Supergrass. Da gibt es Überschneidungen, auch wenn unser Sound nicht in den 90ern steckengeblieben ist. Obwohl wir tatsächlich vielmehr von Bands wie The Who oder den Kinks beeinflusst werden. Die meisten aktuellen Bands haben hingegen kaum einen Bezug zu den Sixties."

Welche Rolle spielt die Radio-Quote, die einen hohen ANteil an französischsprachiger Musik garantiert, für die unabhängige Musikszene?
C.: "Die Quote ist natürlich ziemlich schädlich. Wie kann man französische Kultur vermitteln, wenn man in Frankreich bleibt und nur auf französisch singt? Zudem, die Sprache des Rock'n'Roll ist einfach Englisch. Viele Bands haben Schwierigkeiten, auf sich aufmerksam zu machen, da sie auf Englisch singen. Sie werden nicht im Radio gespielt, da sie dort mit britischen und amerikanischen Bands konkurrieren müssen. Auch in Frankreich erfährt Rock'n'Roll eine Renaissance, was eine tolle Sache ist. Aber wenn eine Band mit den Arctic Monkeys oder Mando Diao um Airplay konkurrieren muss, dann hat sie praktisch keine Chance."

Überrascht euch da der eigene Erfolg nicht ein wenig?
C.: "Puh, schwierig zu sagen, unser Bekanntheitsgrad hält sich ja noch in Grenzen. Aber es ist schön, wenn man vor ein paar hundert Menschen spielt und die Leute auch mitsingen und wirklich enthusiastisch sind. Das haben wir auch schon bei den ersten Shows in Deutschland gemerkt, dass unsere Auftritte wirklich gut ankommen. Das ist ja das Wichtigste, dass die Menschen die gleiche positive Energie spüren, aus der heraus unsere Musik entsteht."
foto: marco dos santos

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