Werle & Stankowski [Listen To]

Der Reiz des Unbekannten.
„Gleich und Gleich gesellt sich gern“, scheint oftmals Motto und Antrieb für neu entstehende Bands zu sein. Da sind vier oder fünf junge, musikverrückte Jungs oder Mädchen, die seid jeher die gleichen Platten in ihrem Schrank stehen haben und die selben Lieblingssongs ihr Eigen nennen dürfen.


"i'm just travelling in my bed at nigth."
(holiday)


So klingt doch die Idealversion für die Anfänge erfolgversprechender Musikpraxis. Man schnappt sich Gitarren und erfindet Musik, die ähnlich klingt wie die, die man liebt und schätzt. So weit, so einseitig.

Denn dass es auch ganz anders verlaufen kann, zeigen zwei Männer, die im Grunde aus völlig verschiedenen musikalischen Himmelsrichtung zueinander stoßen, die Herausforderung annehmen und sämtliche Genre- Fanatiker überraschen: Das sind Werle & Stankowski; Singer/Songwriter und Elektro- Pluckerer im Duett, kaum vorstellbar, aber ebenso real wie harmonisch.

Sehr junge Musiker neigen oftmals dazu sich eigentlich geschmackfremde Musikstile anzueignen um sich zu profilieren und auf sich aufmerksam zu machen. Entwachsen aus dieser Phase treffen sich Werle und Stankowski mit ihrer Vorgeschichte als Rezipienten und Akteure verschiedener Stile nicht in irgendeiner musikalischen Mitte - was natürlich zum einbüßen von Charakteristika führen würde - sondern loten die eigenen Vorlieben aufs Ganze aus. Dies geschieht jedoch in einer sehr klugen und geschickten Art und Weise, Elektro und Akustik-Gitarre mit dem Holzhammer zusammenzustapfen würde auch nicht so wohlklingend funktionieren wie hier. Werle und Stankowski verstehen aus ihrem Gegenüber die Bereicherung der eigenen favorisierten Stile und Sounds, und genau diese Vorstellung erreicht den Hörer 1:1, diese beiden mögen sich, und respektieren den anderen in seiner Machart.

Für viele mag das Experiment gewagt klingen, für andere gewollt innovativ. Zu gerne erleichtert man sich Hör- und Denkaufgabe und teilt sorgfältig in Genres ein, und sobald ein besondern akustik-fanatischer Indie-Nerd einen elektronischen Klang vernimmt verlässt er gerne den Raum und setzt seinen vernichtenden Stempel auf das Produkt. Da wird viel zu selten näher hingeschaut und gelauscht, denken sich die Kölner und geben ihrem zweiten Album den schlichten Titel: "Listen To Werle & Stankowski".

Und was sich hier findet ist tatsächlich mehr als nur hörenswert, die spendablen zwölf Tracks der Scheibe leben von dem Gegensatz ebenso wie von gemeinsamen Errungenschaften. Ganz sicher war es für den einen wie den anderen nicht leicht gewissermaßen sein Baby in die Hände des anderen zu legen um diesen Stilmix zu kreieren, jedoch klingt alles nach Gewinn, die wunderschöne und außergewöhnlich vielfältige Stimme von Johannes Stankowski (mit überdies weitfassenden Tonumfang), seine Gitarren- Arrangements zwischen Indie, Country und Folk und nicht zuletzt Simon Werles feines Näschen in Sachen elektronische Sounds, die sich mal unterordnen und kaum merklich mitschwingen oder sich zu derben Beats emporheben. Die Klänge dienen nicht lediglich der Begleitung, quasi als Bandersatz, sondern sind selber Gegenstand, denen Platz und Berechtigung eingeräumt wird. Und diesen wahrlich einzigartigen Zustand verdankt das Duo ihrem eigenen Format: keiner der beiden Stile steht im Vordergrund bzw. ist nur Diener des anderen.

Beide sind jung gebliebene Erwachsene, die sich mit Lebensfreude ins Musikmachen gestürzt haben und von kleinen und großen Momenten erzählen, die aus eigener Lebenserfahrung entspringen und sentimental, ehrlich und nachdenklich klingen; so wie Texter Johannes Stankowski eben fühlt. Sie berichten von aufdringlichen Menschen (Lady Grey), die einem ihr ganzes Leben erzählen wollen, von Fehlern, einsamen Herzen (After All), Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben (In This World), von Ferien und ein bisschen von Liebe (Beautiful Heart). All das geschieht nicht plump und fantasielos, Werle & Stankowski fallen nicht mit der Tür ins Haus, sondern schaffen zunächst immer die neue Atmosphäre für die jeweilige Thematik. Der Hörer wird wie auf Händen durch das Album getragen, alles ist stimmig, aber nicht reibungslos und glatt. Immer wieder hört man auf, wundert sich über den ein oder anderen Einfall, Harmoniewechsel oder eine englischsprachige Metapher. Und ganz am Ende freut man sich über den Abschluss-Knüller Sound Of My Guitar, der die angesammelte Schwere des Albums aufhebt und uns beschwingt und zufrieden entlässt.

Werle & Stankowski ist man bereit alles zu glauben, so sympathisch und offen und grundehrlich präsentieren sich die beiden Künstler mit Profil in ihrem Tonmaterial, das Medium Cd scheint sich zu verflüchtigen, am Ende bin ich fast sicher das Werle & Stankowski auf dem Balkon über mir stehen für ein kleines Privatkonzert.
Und der Beifall wird gigantisch sein.
foto: werle&stankowski



werle & stankowski
"listen to"
haute areal 2007 cd
werle & stankowski