Explosions In The Sky

Ein Gespräch nicht mit sondern über die vier Texaner von Explosions In The Sky.


"das talent, in instrumentaler form zu kommunizieren."
(jan erik waider)


"Wenn ich aus welchen Gründen auch immer, auf alle Alben bis auf eines verzichten müsste, wäre es die Scheibe 'The Earth Is Not A Cold Dead Place', die ich am Ende in den Händen halten würde - das Album ist einfach unbeschreiblich und hat mich schon durch so viele Lebenssituationen begleitet. Es gehört irgendwie mittlerweile einfach fest zu meinem Alltag." Da liegt Leidenschaft in der Stimme, wenn Jan Erik Waider über die vier Texaner spricht. Um etwas mehr über die Band und über deren Wirkung und Ausstrahlung zu erfahren, habe ich mich mit Jan Erik unterhalten, der nicht nur für ein gefragtes Forum zum Thema Postrock verantwortlich ist, sondern auch die einzige deutschsprachige Fanseite der Band betreibt.

Wie bist du das erste Mal auf Explosions In The Sky gestoßen? Kannst du dich daran erinnern, was du bei ihrer Musik empfunden hast?
"Ich kann mich leider nicht mehr genau erinnern... Allerdings weiß ich, dass es eine Weile gedauert hat, bis der Funken übergesprungen war – ähnlich wie bei Godspeed You! Black Emperor, die ich ungefähr zur gleichen Zeit entdeckte. Für mich war Postrock 'damals' ein weitgehend unbekanntes Terrain und anfangs habe ich mich auch nicht richtig auf die Musik eingelassen, sie als relativ anstrengend bzw. schwer zugänglich empfunden. Doch irgendwann hat es mich dann gepackt und ich habe mir direkt alle verfügbaren CDs bestellt – naja und diese Faszination hält bis heute an."

Was machen EITS für dich aus? Was ist das charakteristische an dieser Band, bzw. inwiefern grenzt du sie von anderen Bands aus dem Postrock bereich ab?
"Die Frage lässt sich für mich nur schwer beantworten, da ich generell von Post-Rock absolut besessen bin – man kann es nicht anders sagen. Und jede Band hat für mich ihren vollkommen eigenen Reiz und auch ihre eigene Sprache - von Mono über Mogwai und Godspeed bis eben zu Explosions In The Sky. Wenn ich auch ungern die Bands wertend übereinander stellen möchte, ist EITS dennoch auf Platz eins, da die Band irgendwie etwas besitzt, das ich noch bei keiner anderen Band so intensiv entdecken konnte. In erster Linie ist es wohl Ihr Talent, in instrumentaler Form zu kommunizieren. Daneben begeistert mich immer wieder aufs Neue die Intensität und Gewalt Ihrer Musik, die nur durch vier relativ schmächtige und unscheinbare Jungs erzeugt wird."

Die Band selbst ist noch relativ jung, sie lassen sich vergleichsweise viel Zeit für ihre Platten. Wie schätzt du ihre Entwicklung ein?
"Ich weiß von der Band, das Ihnen das Songwriting sehr schwer von den Händen geht und teilweise ziemlich frustrierende Phasen hat. Oftmals versuchen Sie es einfach „auf gut Glück“, in der Hoffnung dass am Ende etwas Hörenswertes dabei entsteht. Dafür finde ich es umso beeindruckender, dass in nunmehr sieben Jahren vier Alben, ein Mini-Album sowie ein Soundtrack zu einem Hollywood-Film entstanden sind und darüber hinaus andere Titel zu mehreren Independent-Filmen. Ganz nach dem Motto „Gut Ding will Weile haben“, sollte man den Jungs die Zeit lassen – bisher konnte jede Scheibe die sie am Ende aus dem Studio gebracht haben, absolut überzeugen."

Die Platten - auch das vielleicht ein Grund, weshalb man EITS gut in Vergleich mit Bands wie Godspeed, Do Make Say Think oder Mono setzen kann - tragen, ähnlich wie die einzelnen Stücke, eher kryptische Titel. Ich will es nicht als Slebstläufer abtun, dass Bands, die (fast) ausschließlich instrumentale Stücke schreiben vielleicht das Bedürfnis haben, sich durch Titel mitzuteilen. Wie schätzt du die Titel ein? In welcher Verbindung könnten sie zu den Werken stehen und was bedeuten sie letztendlich für dich?
"Einer der Hauptgründe, weshalb mich Explosions In The Sky – speziell das Album 'The Earth Is Not A Cold Dead Place' – so faszinieren, ist deren Talent, vollkommen ohne Worte 'Geschichten' zu erzählen. Das Beste Beispiel ist für mich das Stück First Breath After Coma, das vom Aufbau und dem Einsatz der Instrumente so strukturiert ist, dass die Assoziation zu einem Menschen, der aus einem Komaschlaf erwacht, für mich auch wirklich nachvollziehbar ist. Ein Mensch erwacht und realisiert erst allmählich was passiert ist und wo er sich befindet - sieht sich langsam um und wird sich seiner Umwelt bewusst, von der er gleichzeitig fasziniert wie verängstigt ist. Das habe ich bisher bei keiner anderen Band so intensiv erlebt wie bei EITS und beinahe jeden Track-Titel konnte ich mit dem musikalischen und meinen Emotionen, die ich während dem Hören hatte, in Verbindung bringen. Ich finde die Titel von EITS im Gegensatz zu beispielsweise Godspeed You! Black Emperor weniger kryptisch, sondern für mich persönlich in der Regel stimmig und nachvollziehbar bzw. zugänglich(er). Ich denke, für EITS haben die Titel eine sehr große Bedeutung und werden mit viel Bedacht gewählt – es ist quasi die Chance, die 'Botschaft' Ihrer Titel (sofern sich das so sagen lässt) zu unterstreichen. Wobei ich Ihre Musik sicher auch vollkommen ohne Titel auskommen würde – das hätte seinen vollkommen eigenen Reiz, wie beispielsweise das Album 'Untitled' von Sigur Rós beweist."

Dass EITS 2002 eine der legendären Peel Sessions aufnehmen durften, ist gleichbedeutend mit einem gewissen Ruhm. Dennoch sind sie in der Öffentlichkeit eher unscheinbar. Dann kam der Soundtrack zu einem Film über American Football in den USA. Du beobachtest die Band schon relativ lang, wie schätzt du ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit, zu Erfolg ein? Und wie den Kreis der Rezipienten der Band gegenüber?
"Ich denke, dass der Teenager-Footballfilm 'Friday Night Lights' von Peter Berg für die Band quasi eine Art Durchbruch darstellte. Der Streifen und die auf dem Film basierende, gleichnamige NBC-Serie genießen in den USA eine sehr hohe Beliebtheit. Der Kinofilm ging dagegen in Europa mehr oder weniger unter, was sicherlich größtenteils auf die Thematik 'American Football' zurückzuführen ist. Aber durch die nun vorhandene Präsenz im TV, fand/findet EITS nun auch verstärkt Erwähnung in Medien wie Radio, Internet-Blogs oder populären Musikmagazinen – für die Band eher unübliche Kanäle. Ich selber bin auch ein großer Fan vom Kinofilm und neuerdings auch der Serie und meistens fügt sich Ihre Musik genial in die bewegten Bilder ein und nicht selten mit Gänsehauteffekt, wenn Your Hand In Mine einmal wieder anklingt oder das Team bei Have You Passed Through This Night über das Spielfeld jagt. Ihr Auftritt bei John Peel war sicher sehr bedeutend für die Band, aber ich denke Ihrer Popularität hat das im Gegensatz zu Friday Night Lights nicht zu großen Sprüngen verholfen. Die Peel Sessions hatten doch ein recht spezielles Publikum und John Peel folgte (glücklicherweise) niemals dem Massengeschmack. Die Band geht mit dem zunehmenden Erfolg und den ausverkauften Konzerten eher bescheiden um, als ich Sie darauf angesprochen haben, wirkten sie beinahe verlegen... Aber trotz allem habe ich das Gefühl, dass sie definitiv glücklich sind mit dem Verlauf der Dinge und anhand der ständig steigenden Zahl der Tourtermine sieht man auch, dass sie das nicht im Stillen Kämmerlein feiern wollen..."
foto: explosionsinthesky.com


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