My Sister Grenadine [Shine In The Dark]

Sturm und Drang.
Als Kollegin Nadja die Besprechung zum Debüt von Polaroid Liquid schrieb, der Band, in welcher der My Sister Grenadine Kopf Vincenz Kokot Gitarre spielt und singt, assoziierte sie diese ebenfalls mit den jungen, experimentierfreudigen Dichtern des 18. Jahrhunderts. Zufall?



"i float around in circles and i walk on to the end of the peer."
(ballad of joy)


Wenn wir die Musik als das betrachten und bereit sind zu verstehen, was sie in ihrer primären, einfachsten und rudimentärsten Form ist, nämlich rein musikalischer Text, so sind wir als Hörer in der Lage, harmonische Zusammenhänge, rhythmische Bezüge und Stilmerkmale zu erkennen, einzuordnen und zu evaluieren. Wir finden Schlüssel und Schlupflöcher, können plötzlich rein analytisch nachvollziehen, warum uns ein Motiv als besonders reizvoll, eine Melodie als besonders eingängig erscheint.

Was wir so nicht vermögen, ist hinter die Musik zu blicken, uns zu den Anfängen der Entstehung einer Text- oder Notenzeile durch zu fühlen und zu hören. Um das zu ergründen, müssen wir ein Empfinden entwickeln um Assoziationen entstehen zu lassen, um aus der Musik keinen universellen Sinn, sondern einen persönlichen, rein subjektiven Gehalt zu ziehen.

Genau dieser Inhalt, mit dem jeder Rezipient ein Musikstück füllt, ist das tiefe und erfolgsbegründende Wesen der Popmusik. Und anders als in Autor-negierenden Ansätzen in der Literaturwissenschaft darf der Urheber, der Musiker in dem Diskurs um Bedeutung und Aussage kräftig mitmischen.

Auch bei My Sister Grenadine darf und sollte man nach dem Mann hinter der Musik und nach seinen Einflüssen fragen. Vincenz Kokot wohnt in Berlin, sieht gut aus, ist jung und hat eine imaginäre Schwester namens Grenadine, die ihn inspirierend durch die Songs seines Debutalbums "Shine In The Dark" begleitet und ein etwas seltsames, unentschlüsseltes Gegenbild zu dem Musiker darstellt, der sich als Rahmen seiner Arbeiten an die Bedingungen eines klassichen Singer/Songwriters hält. So begnügt er sich mit Gitarre, Stimme und der für ihn charakteristischen Ukulele. Ein Instrumentarium, dass den Songs von vornherein Bombast, gewaltige Klangmassen und hochtrabende Experimente verweigert, und das, zum Glück und zum Genuss des Hörers.

Kokots Lieder sind geprägt von dem unglaublich feinen Gespür für die Wirkung musikalischer Parameter und dessen Ausführung auf zweifellos hohem musikalischen Niveau. Er experimentiert mit einer breiten Palette von Stimmfarben, Lautstärken und Tempi, malt und schmückt aus und bleibt dabei doch schlicht. Alle Songs wirken leicht, fast sommerlich und im Grunde optimistisch, driften jedoch nie in eine jackjohnsonesk gleichgültige Fröhlichkeit ab, sondern bewahren stets eine gewissen Schwermut, einen melancholischen Gedanken. Dabei verfällt Kokot weder in eine selbstzerstörerische Conor Oberst-Manier, noch drückt er auf die Kitschdrüse des leichten Popsongs. Die dringlichen, vorwärts treibenden Pickings, die verworrenen, nie enden wollenden Harmonien sind alles andere als Pop-verträglich. Keine Musik zum mitsingen, sondern zum nachdenken. Nicht für den anonymen Hörer, sondern für jemand Vertrauten gemacht. Da plätschert keine Note, kein Ton wird der Eingängigkeit wegen wiederholt, es gibt weder Refrains, noch Strophen, die dem verwöhnten Ohr das Hören leicht machen könnten. Denn Vincenz Kokot macht nicht Musik um zu gefallen, sondern, wenn sich hier und dort Analogien zu José Gonzales einschleichen, macht sich diese musikalischen Vorlieben zu eigen und bleibt in seiner jugendlichen Unruhe immer authentisch. Man bleibt mit dem Gefühl zurück, noch lange nicht angekommen zu sein, wo auch immer die Reise hingehen soll. Neben uns sitzt Grenadine, grinst und schaut dann wieder aus dem Fenster, an dem die Bäume und Felder wie im Zeitraffer vorbei fliegen.
foto: anja conrad




my sister grenadine
"shine in the dark"
solaris empire 2008 cd
my sister grenadine

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Nicolas Mahler [Die Zumutungen Der Moderne]

In der Fortsetzung zu "Kunsttheorie Vs. Frau Goldgruber" hält Mahlers Comic Alter-Ego wieder Einzug in die minimalistisch gestaltete Welt mit den sperrigen Strichzeichnungen und trockenen Bemerkungen.


"hell is also life."
(jyrki heikkinen)


Erneut kehrt der österreichische Comiczeichner und Autor Nicolas Mahler mit seinen auto- biographischen Anekdoten zurück, die schon in "Kunsttheorie Vs. Frau Goldgruber" zu überzeugen wussten und an deren Erzählung sich der Band "Die Zumutungen Der Moderne" anschließt. Wieder erzählt Mahler aus dem Leben eines Comicautors im Allgemeinen und seinen persönlichen Erfahrungen auf Comicmessen, Trickfilmfestivals, Kunstausstellungen und ein ums andere Mal bei skurrilen Telefongesprächen, im Besonderen. Dabei lässt er nicht nur die Kollektiverfahrung von und für unterschätzte Künstler aufleben, sondern macht diese in nachvollziehbaren Zügen auch für Außenstehende erfahrbar. Wieder begegnen wir in den minimalistischen Zeichnungen den windschiefen, augenlosen Figuren mit ihrem kugelrunden oder spindeldürren Äußeren, die absurder Weise vielleicht gerade aufgrund ihrer mimischen Beschränktheit und ihrer urwüchsigen Hässlichkeit an Ausdrucksstärke und Plastizität gewinnen.

Nun sind die latent kauzigen Geschichten, die Mahler in seinem episodenhaften Stil entwickelt nicht grundsätzlich witzig, doch sicherlich komisch. Wenigstens in mindestens einer der beiden Verwendungen des Wortes, und eben dieser Moment des deadpan Komischen in der Beobachtung von Alltagsbanalitäten scheint mir die große Gabe des Österreichers zu sein, welche er mit wenigen Strichen und Worten zu Papier bringt. Das weiß er sicherlich, weshalb sein langnäsiges, immer in schwarz gekleidetes Comic Alter-Ego auch fast ausschließlich als Beobachter auftritt. Meist verharrt er stoisch, wie ein ausgedienter Leuchtturm im hektischen Treiben um ihn herum und löst sich nur selten aus seiner Passivität, etwa wenn er aufgeregt den Kunstdiebstahl – eines seiner Werke! - an der Rezeption des Hotels Schweizerhof meldet. Ansonsten erfahren wir nach einem kurzen Rückblick in die Jugend des Herrn Mahlers, Portraitskizzen dessen, was ihm nach dem Erfolg von "Kunsttheorie" und seiner Animationsfilmadaption von "Flaschko" als jetzt renommierten Künstler widerfährt: er begegnet Finnen mit übermäßigem Alkoholkonsum – die in den Anmerkungen mit „You did a very good portrait of our country, it is us“ von Mahler zitiert werden –, Craig Thompson und Marjane Satrapi auf Festivals, teilt in einem Traum mit H. R. Giger ein Hotelzimmer, wird ad hoc für zehn Tage als Artist in Residence zum Fumetto Comix Festival nach Luzern eingeladen und wir lernen, dass sich Trickfilm zu Film verhält, wie Comic zu Literatur.

Durch das Belegen von Details, das Ergänzen durch Fußnoten und Materialien am Ende des Buches, wird dem Leser eine Authentizität der Geschichten vorgespielt – in "Kunsttheorie" hieß es im Vorwort noch plakativ "Dennoch ist kein Wort frei erfunden, alles ist genau so passiert" -, der man gern gewillt ist zu glauben. Wohlweislich, dass es sich hier um eines der verführerischsten Medien von allen handelt, denn die suggestiven Wort-Bild-Verschmelzungen scheinen sich einer rationellen Argumentation zu entziehen: Wie können wir schließlich bezweifeln, was uns vor Augen geführt wird?

In den "Zumutungen der Moderne" fasst Mahler seine scheinbar wahllos zusammengewürfelten Beobachtungsfragmente, die sich meist über vier bis acht Panels erstrecken, unter diesem zunächst kryptisch anmutenden Titel zusammen. Erst im Verlauf seiner Erzählungen stellt sich heraus, was hiermit gemeint ist und man muss auf zwei höchst befremdliche Dinge zurückgreifen, um die Bezeichnung nachvollziehbar zu machen: DJ Bobo und den Eurovision Song Contest. Aufklärende Wirkung in diese seltsame Verflechtung bietet ein im Anhang abgedruckter Zeitungsartikel vom 21. April 2007 mit der Schlagzeile "DJ Bobo darf singen": "Der Bundesrat will und kann den Song 'Vampires Are Alive' von DJ Bobo nicht verbieten. Dies schrieb die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Petition der EDU (Eidgenössisch-Demokratische Union, Anm. des Verf.). Der Entscheid, welcher Song die Schweiz am Eurovision Song Contest vertrete, werden von einer Jury gefällt. Die EDU ist von der Antwort enttäuscht und schreibt von einer 'Kapitulation des Bundesrates'." Der campy Umgang der wertkonservativen und bibeltreuen Partei mit dem Thema Pop führt schließlich in erwähnter Petition zum titelgebenden Zitat. Dort schrieb man empört bezüglich des boboschen Vampir Songs: "49000 Leute haben genug von den gottlosen Zumutungen der Moderne". Durch den Blick des Beobachters Mahler wird in seinem Buch diese Perspektive geschickt dekonstruiert, entblößt Mahler seinerseits jene konservative Haltung als an ihn, im Alltäglichen immer aufs Neue herangetragene Zumutungen der Moderne, welche er in seinen Beobachtungen porträtiert, sammelt, katalogisiert. Vielleicht hat im Nachhinein auch einer der Petitionsunterzeichner aufgrund dieser "Beflegelungen" Mahler wütend angerufen und ihm, wie der anonyme Anruf eines in Wien lebenden iranischen Monarchisten, der sich bei Mahler über Satrapis "Persepolis" beschwerte, mitgeteilt: "Ich habe das Buch gelesen und ich habe mich darüber so aufgeregt ... ich habe Blut geschissen!" Sollte dies so sein, werden wir es hoffentlich als Randnotiz im nächsten Band der mahlerschen Reihe gelungener Selbstportraits erfahren.
portrait: ulli lust/ zeichnung: die zumutungen der moderne



nicolas mahler
"die zumutungen der moderne"
reprodukt verlag 2007
nicolas mahler

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Beatpoeten [Unterwegs]

Man stelle sich Mozart mit einer Groovebox und Schiller mit einem Mikrofon vor. Dazu erschießt Che Guevara im Hintergrund eigenwillige Bauern auf Kuba, während Adorno und Horkheimer sich beängstigende Blicke zu werfen. Glaubt keiner? Die hier schon…



"und das plakat ist wie ein spiegel deiner selbst;
zerrissen und kaputt und die reste treibt der wind.
"
(menschliche fackel)


Wenn ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution“ – Emma Goldmann wusste schon vor knapp einhundert Jahren, dass das Tanzen zu einem Wandel einfach dazugehört. Den Körper bewegen während etwas Neues angestoßen wird, das eine Welle in Kraft setzen kann, die das Alte wegspült und die frisch gesäten Samen sprießen lässt. Benennen wir die Welle als Beat und die Samen als Worte, so brauchen wir nur etwas Zeit und wir haben eine neue Pflanze geschaffen: Elektrolyrik. So nennt es sich auf dem Papier, doch steckt dort viel mehr dahinter als nur ein Genrebegriff. Jan Egge Sedelies und Costa Carlos Alexander sind Bastler der neuen Generation. Der Erste ist Autor und Zeitungsredakteur, der andere hat vor den DJ-Status ein großes „Ex-“ gesetzt und frickelt heutzutage lieber an elektronischen Instrumenten herum. Beide zusammen sind seit 2006 unter dem Namen Beatpoeten ein musikalisches Duo, das eine Fusion aus ihren beiden Leidenschaften geschaffen hat: Worte treffen auf Beat, werden tanzbar.

"Unterwegs" ist die Quintessenz dieser Zusammenkunft. Ein Album, das nicht lange wartet, bis es nach dem Einlegen in den CD-Spieler sein wahres Gesicht zeigt. Zu Zeiten in denen sich Poetry Slams sogar bereits auf eine Bekanntheitsebene der Öffentlichen-Rechtlichen Fernseh-Kanäle hoch gekämpft haben und man irgendwie immer im Hinterkopf hat, wie man doch am liebsten und in welcher Art und wo die Betonung und überhaupt die Worte um die Ohren geschlagen bekommen haben will, ist schon das erste Stück Leben im Bücherschrank die Abwechslung auf die man gewartet hat. Ein mit Effekten gespickter Beat ertönt neben Jan Egge Sedelies Worten, die nicht den Fehler machen zu überragen. Sie passen sich an. Die Stimme beherrscht die Stücke einfach nicht mit der sonst gewohnten Autorität, sondern unterliegt stattdessen eher dem vorgegebenen Rhythmus, wird von ihm geformt, angepasst und ausgespuckt. Die Beatpoeten vertonen keine Texte, sie spielen solange mit ihnen, bis der Körper sich bewegen, die Ohren zuhören und der Kopf verarbeiten will.

Die textliche Qualität der Stücke zeugt von Jan Egge Sedelies langjährigen Erfahrungen im Bereich des Poetry Slams: sozialkritisch, politisch, ironisch, humorvoll, realitätsnah. Mit Dorothy Gale bei Pantheon Rococo ist ein ideales Beispiel für zeitnahe Lyrik, die weder die Hand im Schritt noch die Tränen im Knopfloch hat. Stattdessen gibt es das gute alte Mann-trifft-Frau-Spiel auf Diskoebene mit allem, was der Alkohol, die dröhnende Musik, die Hitze und die links orientierte politische Haltung dazu beizutragen haben: „Du starrst sie an. Schwitzt. Sie hält kurz inne. Spürt deinen Blick. Öffnet die Augen. Atmet durch. Lächelt. Konzentration. Konzentration? Konzentration ist ein Begriff der Privilegierten. Was hätte der Che jetzt getan? Mh. Schlechtes Beispiel. Vermutlich auf eine Zigarre auf die bevorstehende Revolution eingeladen. Zumindest hätte er es so gesagt, vieldeutig zwinkernd und seine Mundwinkel zu einem Lächeln verzogen. Und wenn sie dankend abgelehnt, erschossen – wie die eigenwilligen Bauern auf Cuba. Ganz schlechtes Beispiel.

Hier fehlt der Platz und vor allem die Zeit, um das ganze Maß der textlichen und musikalischen Grenzen, die die Beatpoeten brechen und wieder neu aufziehen, detailgetreu und repräsentationsgerecht widerzuspiegeln. Allerdings sei eines erwähnt: Es braucht Zeit. "Unterwegs" ist kein Album, das man einlegt, wenn man einfach nur tanzen will. Im Ganzen ist es vielmehr ein Eintauchen in ein Experiment, das geglückt ist. So merkt man spätestens beim letzten Stück, Gleichgültige Gleichzeitigkeiten, das einen subjektiven Blick auf die Weltgeschichte von 1980 bis heute wirft, wie viel Seriosität doch in diesem Album steckt und es deswegen keineswegs als verspielte Elektrogefrickel-Trend-Platte abgestempelt werden darf. Das hätte es nicht verdient. Sonnenblumen pflanzt man schließlich auch nicht einfach neben Brennnesseln ein.

Deine Geschichte ist Vorgeschichte. Vorgeschichte ist Weltgeschichte. Weltgeschichte ist Vorgeschichte. Die Genesis liegt noch vor dir. Du grübelst über Spuren und versteckte Wegweiser und stolperst über einen Ernst-Bloch-Satz zu Krimiromanen: 'Etwas ist nicht geheuer, damit fängt es an'.
foto: felix seuffert




beatpoeten
"unterwegs"
sprechstation verlag 2008 cd
beatpoeten

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Sonntag Nachmittag [Juli 2008]










fotos: manuel kaufmann

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Haldern Pop [Rees-Haldern, 07.-09.08.2008: Vorschau]

Kann Pop altern?
Ein Vorgucker auf die Dinge die da kommen.



"ich galube, ich kenne jemanden, der das weiß."
(festival motto 2008)


Auf runden Geburtstagen kommen immer besondere Freunde, wir überlegen drei mal, wer uns besuchen und zweideutige Kommentare zum neuen Lebensjahr in die Runder werfen darf. Runde Geburtstage sind dazu da, wehmütig in die Vergangenheit und erwartungsfroh in die Zukunft zu blicken. Das gilt für Menschen wie auch für Festivals. Man lässt kurz vor dem Jubiläum die Glanzstunden der alten Tage wieder hochleben, erinnert sich folgenschwerer Patzer, die in der Rückschau nicht minder wehtun als in Echtzeit. So muss es Stefan Reichmann und seinem Haldern Pop Team in den letzten Monaten, Wochen und Tagen ergangen sein. Das Maß an Geschichtsträchtigkeit des Haldern ist ungleich höher als bei anderen Musikfesten seiner Größe und Qualität, und folgerichtig auch unter längerer, ständiger Beobachtung spitzfindiger Musikfreunde, die die Entwicklung des Festes Jahr für Jahr haarklein in Foren auseinandernehmen und sich über zwölf Monate Bands wünschen, diskutieren, nervös werden und im letzten Moment Karten kaufen. Und kaum ist der letzte Akkord im Spiegelzelt verklungen wird sich selbstverständlich schon aufs nächste Mal gefreut, denn das Haldern hat Suchtcharakter. Dieses Jahr wird es älter als viele seiner Besucher - stolze 25 Jahre. Und wo andere Veranstalter die Jahre nutzen um ihre Festivals kommerziell auszuschlachten pocht und besteht das Haldern-Team auf die Konstante Exklusivität.

Das Konzept ist nach wie vor: Teilweise meilenweit von Mainstream entfernte Bands, die ihre große Zeit oft noch vor sich haben gepaart mit einer für alle Seiten erträglich großem Publikum. Statt der Jagd auf Number-One-Hits und Stilikonen forschen die Organisatoren lieber nach handverlesenem und innovativem, schließlich sind sie nicht in erster Linie Veranstaltungsmanager, sondern Musikliebhaber.

Ihren Dank für diese Konzepttreue und die charakterliche Stärke, die zweifellos hinter dem Unterfangen steht, zeigt das Publikum mit Vertrauen in das Line-Up und einem familiären, und angenehm „normalen“ Verhalten. Während sich auf anderen Festivals bierselige Grüppchen mit lautstarker Eigenbeschallung, die sich mehr für Reibereien mit Zeltnachbarn und Grillgut interessieren als für die Musik wie Löwenzahn vermehren, ist die Camp-Gemeinschaft auf den Kuhwiesen des Haldern angenehm homogen und friedfertig geblieben. Man pilgert zusammen zum Eiswagen oder hilft sich großzügig mit Heringen und Klopapier aus. Da verwundert es auch nicht, dass zwischen den Zelten und Autos bis in die Abendstunden Kinder rumwuseln und Fussball spielen. Später sieht man sie dann auf Papas Schultern mit Ohrenschützern vor der Hauptbühne im Takt mitwippen, und die Haldern-Kiddies aus dem Dorf helfen sogar beim Getränke verkaufen. Trotz seiner Familienfreundlichkeit ist das Haldern Pop Garant für jugendliche Hipness, ohne aufgesetzt zu sein, wie eine Art Talentschmiede werden jährlich neue Bands von neugierigen, wissenshungrigen Musiknerds heiss erwartet und unter die Lupe genommen, anstatt genau zu wissen was einen erwartet gehen die Besucher gerne das Risiko ein, sich auch mal überraschen zu lassen.

Neben Programm und Menschen bietet der Veranstaltungsort im beschaulichen Rees weitere Vorzüge. Es gibt da beispielweise einen Bahnhof mit kostenlosem Abholservice, zwei auf Festivalbesucher eingestellte Supermärkte, viel flache und idyllische Landschaft und es gibt den beinahe sagenumwobenen See.

Zum Geburtstag gibt’s dieses Jahr wie immer kleine Geheimtipps und ein paar gefeierte Kracher auf den Bühnen. Unter dem Motto „Ich glaube, ich kenne jemanden, der das weiß“ wird dieses Jahr von 7. - 9. August den ganzen Tag Musik gehört und gesehen, die Karten sind schon ausverkauft, also bleibt nur noch zu sagen: Hofft auf gutes Wetter und zählt die Tage!
foto: marcus beine

haldern pop

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